Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für den Bezug einer Invalidenrente (08.05.2024)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Urteil vom 10.10.2023, 3 AZR 250/22, entschieden, dass der zusagende Arbeitgeber die Leistungen aus der Versorgungsordnung grundsätzlich davon abhängig machen darf, dass der Arbeitnehmer rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.

Der Fall:

Der Kläger (geb. 1962) war seit August 1979 bei der Beklagten beschäftigt. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses wurde ihm eine Versorgungszusage gemäß Zusatzversorgungsordnung (ZVO) erteilt. Darin wird u.a. geregelt, dass bei Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und Ausscheiden aus den Diensten des Unternehmens Ruhegeld gewährt wird. Ab 01.11.2020 bis 31.08.2022 wurde dem Kläger mit Bescheid vom 06.01.2021 eine befristete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Kurz darauf beantragte der Kläger ab Januar 2021 auch das Ruhegeld aus der ZVO. Dies wurde von der Beklagten abgelehnt, weil der Kläger noch nicht aus den Diensten ausgeschieden war. Daraufhin kündigte dieser im August 2021 sein Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.03.2022. Ab April 2022 leistete die Beklagte das Ruhegeld. Der Kläger forderte allerdings das Ruhegeld ab Januar 2021. Er führte an, dass die Regelung in der ZVO nicht eindeutig das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis voraussetze. Die Regelung in der ZVO sei unwirksam, weil es ihm nicht zuzumuten wäre und er zur Kündigung gezwungen werde, um das Ruhegeld beziehen zu können. Ein faktisches Ausscheiden durch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung würde seiner Ansicht nach genügen, weil im ruhenden Arbeitsverhältnis keine Gefahr bestünde, sowohl Gehalt als auch Ruhegeld zu beziehen.

Die Entscheidung:

Das BAG gab mit dem Urteil vom 10.10.2023 der beklagten Arbeitgeberin Recht. Der Kläger hat erst ab Ausscheiden aus dem Unternehmen, also der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Anspruch auf das Ruhegeld und nicht schon vorher.

Die Begründung:

  • Die Regelung in der ZVO unterliegt - wie der Kläger schon angemerkt hat - den Auslegungsgrundsätzen Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSd. §305 Abs. 1 BGB.
  • Der Begriff „Ausscheiden“ geht nach Ansicht des Gerichts aus Sicht verständiger und redlicher Vertragspartner zweifellos von einer endgültigen, rechtlichen Beendigung und nicht nur von einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses aus.
  • Die Ausscheidevoraussetzung für den Leistungsbezug benachteiligt den Kläger auch nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben.
  • Auf Seiten des Arbeitgebers besteht das berechtigte Interesse, Doppelleistungen zu vermeiden, zu denen es bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis kommen könnte. Zudem kann bei einer rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch mit dem Arbeitsplatz des Arbeitnehmers geplant werden.
  • Die beiden Voraussetzungen Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers und Bezug einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente sind im Grundsatz nicht als unzumutbar einzustufen. Es wird dadurch unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen kein unzumutbarer Druck auf den Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeübt.

Das BAG weist auch darauf hin, dass diese Entscheidung dem Urteil vom 13.07.2021 (3 AZR 298/20) nicht entgegensteht, da es sich um unterschiedliche Fälle handelt. Im früher verhandelten Fall war das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Gewissheit zu beenden, dass die Voraussetzungen für das betriebliche Ruhegeld vorliegen. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist damit nicht per se als unangemessen benachteiligend einzustufen. Die ZVO verweist auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente und damit gibt es keinen eigenen Prüfungszeitraum, der den Leistungsbeginn verzögern könnte. Der Arbeitgeber ist allerdings nicht verpflichtet, sich den Regeln der gesetzlichen Sozialversicherung anzuschließen und einen evtl. zeitlichen Gleichlauf der beiden Leistungen herzustellen.

 

Mit unserem umfassenden Beratungsangebot unterstützen wir Sie in allen rechtlichen Fragen der betrieblichen Altersversorgung. 

Sprechen Sie uns an:

SLPM-Beratung@swisslife.de

PDF-Download

Ausdrucken

Archiv