Betriebliche Invaliditätsversorgung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 13.07.2021 (3 AZR 445/20) entschieden, dass ein Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung auch dann bestehen kann, wenn als Anspruchsvoraussetzung in der Pensionszusage eine voraussichtlich dauerhafte Erwerbsunfähigkeit vorgesehen ist, die Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aber nur befristet gewährt wird.

Die dem Kläger erteilte Versorgungszusage sah unter anderem „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts …lebenslänglich, längstens jedoch für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit eine monatliche Invalidenrente“ vor. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 07.06.2018 rückwirkend ab dem 01.06.2017 bis zum 31.05.2020 befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Mit einem weiteren Rentenbescheid vom 16.03.2020 wurde die Rente dann unbefristet gewährt. Der ehemalige Arbeitgeber verweigerte die Auszahlung der Invalidenrente, weil nach seiner Ansicht die Voraussetzungen für die Gewährung der Invalidenrente nicht erfüllt seien.

Das BAG gab dem Kläger Recht. Er hat demnach Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung im Zeitraum 01.06.2017 bis 30.06.2020 (bzw. darüber hinaus).

Nach Ansicht des Gerichts belegt bereits der Rentenbescheid vom 07.06.2018, dass beim Kläger eine voraussichtlich dauernde, völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts vorliegt und damit die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätsversorgung gemäß der gewählten Formulierung/Regelung in der Versorgungszusage erfüllt sind. Bei der Auslegung der Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in Versorgungszusagen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG von einer Kopplung an das Sozialversicherungsrecht auszugehen. Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet, sich daran zu orientieren, macht er dies aber dennoch, indem er die Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit nicht selbst definiert, will er damit in der Regel die sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten übernehmen. In der vorliegenden Versorgungszusage wird zudem mit den Worten der „völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ noch ausdrücklich auf das Sozialversicherungsrecht verwiesen, so dass es sich um eine dynamische Bezugnahme auf das jeweils geltende Sozialversicherungsrecht handelt.

In § 43 SGB VI wird beschrieben, dass der Versicherte „wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande“ sein muss, einer entsprechenden Erwerbstätigkeit nachzugehen, und damit „voraussichtlich dauernd“ erwerbsgemindert ist. Damit ist es nicht entscheidend, ob die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als befristete Rente oder als unbefristete Rente gewährt wird.

Für die Monate Juni und Juli 2017, also vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, war die Rente hier ebenfalls vom ehemaligen Arbeitgeber zu zahlen, weil die Versorgungszusage ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für die Gewährung der Invalidenrente nicht voraussetzte.

Mit diesem Urteil wird wieder einmal deutlich, dass es dem Arbeitgeber dringend anzuraten ist, die Regelungen in einer Versorgungszusage oder Versorgungsordnung genau prüfen zulassen und diese eindeutig und exakt zu formulieren. Nur so lässt sich im Versorgungsfall eine Auseinandersetzung mit den Versorgungsberechtigten über Inhalt und Umfang des Versorgungsversprechens vermeiden. Denn nicht selten führen Auslegungszweifel und Ungenauigkeiten am Ende zu einer höheren finanziellen Belastung des Arbeitgebers, als bei Einrichtung der Versorgung geplant.

Es empfiehlt sich, bestehende Versorgungsregelungen regelmäßig überprüfen zu lassen. SLPM unterstützt Sie in allen rechtlichen und versicherungsmathematischen Fragen rund um die betriebliche Altersversorgung. Sprechen Sie uns einfach an: SLPM-Beratung@swisslife.de

 

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