vGA bei gleichzeitiger Zahlung von Rente und reduziertem Gehalt - Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung (20.12.2023)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich im Urteil vom 15. März 2023, I R 41/19, mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer GmbH, der über das Pensionsalter hinaus weiterarbeitet, neben der Pension ein reduziertes Gehalt gezahlt wird. 

Eine GmbH (Klägerin und Revisionsbeklagte) hatte ihrem steuerlich beherrschenden GGF (geb. 1942) eine Pensionszusage erteilt, die in der relevanten Fassung eine lebenslange Altersrente bei Beendigung des „Arbeitsverhältnisses“ ab Alter 68 i.H.v. monatlich 2.300,00 € vorsah. Zum 31.08.2010 wurde der Geschäftsführervertrag beendet und der GGF von seiner Funktion abberufen. Seine Gesamtvergütung in 2010 betrug 106.864 € (einschließlich 9.200 € Pensions-zahlungen in 2010). Am 31.03.2011 wurde er erneut zum Geschäftsführer bestellt und erhielt nach dem (neuen) Anstellungsvertrag ein monatIiches Bruttogehalt ab 01.03.2011 i.H.v. 1.000 €, sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts. Die Vereinbarung sah vor, dass die Versorgungszahlungen unberührt bleiben.

Das Finanzamt stufte die im Streitjahr 2015 zusätzlich zum Geschäftsführergehalt angefallenen Versorgungszahlungen (28.864 €) als vGA ein. Das Finanzgericht (FG) hob die Bescheide auf, da hier aufgrund der besonderen Umstände keine vGA vorliege. Auch nach Abschluss des neuen GGF-Vertrags seien die zivilrechtlichen Voraussetzungen des Versorgungsanspruchs erfüllt, da dieser unberührt bleiben solle. Die Parallelzahlung halte einem Fremdvergleich stand, da das Anstellungsverhältnis zunächst beendet worden sei; die Neueinstellung sei im Interesse der GmbH (Anm.: in Ermangelung eines anderen, ausreichend qualifizierten GF) erfolgt. Das neue Geschäftsführergehalt sei nur ein Anerkennungsbetrag. Die zulässige Revision des Finanzamts wies der BFH mit der gegenständlichen Leitsatzentscheidung als unbegründet zurück; auch er sah im vorliegenden Fall im Streitjahr keine vGA.  

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine vGA i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft dann vor, wenn bei dieser

  • Vermögensminderungen (bzw. verhinderte                   Vermögensmehrungen) eintreten, 
  • die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind,  
  • sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und  
  • nicht im Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen.  

Zudem muss der Vorgang geeignet sein, beim begünstigten GGF einen sonstigen Bezug i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Dabei wird die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis rgm. angenommen, wenn die Gesellschaft ihrem GGF (oder einer ihm nahestehenden Person) einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Ge-schäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.  

Der BFH sieht aus steuerlicher Sicht keine Be-anstandungsgründe (mehr), wenn die dem GGF einer GmbH/AG erteilte Versorgungszusage die Altersleistung nicht vom endgültigen Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis, sondern allein vom Erreichen der Altersgrenze abhängig macht (1. Leitsatz). Dies gelte jedoch grds. nur dann, wenn das Einkommen aus der fortbestehenden Geschäftsführertätigkeit auf die Versorgungsleistung angerechnet, oder der vereinbarte Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Ver-einbarung eines versicherungsmathematischen Barwertausgleichs – bis zur Beendigung der Geschäftsführerfunktion aufgeschoben werde.

 

 

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Er entwickelt jedoch diese nun insoweit fort, als er im 2. Leitsatz konstatiert, dass nach Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vorliegt, wenn  

  • nach Eintritt des Versorgungsfalls neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer nur ein reduziertes Gehalt gezahlt wird, und
  • diese Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet.

Der BFH erhält also sein bisheriges, vorbehaltloses Anrechnungsgebot nur noch bei parallelem Bezug der vollen bisherigen Aktivvergütung neben der Pensionsleistung aufrecht. Bei nur anteiligem Bezug (wie hier) sieht der BFH - bis zur Höhe der Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen - keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde zwar nicht gleichzeitig die volle Versorgung und ein volles Gehalt für die Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet.  

Rechenbeispiel:

Vorherige Aktivbezüge p.a.:  120.000 €

- Pensionsbezüge p.a.  - 30.000 €

maximal ‚unschädliches‘

neues Gehalt p.a.  = 90.000 €

Eine Weiter-/Folgebeschäftigung mit reduzierter Arbeitszeit/reduziertem Aufgabenbereich (Bsp.: Reduktion auf 2/3) kann dabei zu anteiliger Kürzung des ‚unschädlichen‘ Gehaltsbetrags führen:

Abwandlung:       90.000 € x 2/3 = 60.000 €

maximal ‚unschädliches‘ neues Gehalt p.a.

Im Streitfall bestand mangels Anhaltspunkten für Tätigkeitseinschränkungen kein Kürzungsbedarf. Die Differenz zwischen Pension und früherem (vollem) Aktivgehalt war durch das neue Gehalt bei weitem nicht ausgeschöpft, also nicht anzurechnen.

FAZIT:  

Der BFH entwickelt mit diesem Urteil seine bis-herige, ‚absolute‘ Anrechnungsformel (z.B. noch BFH-Urteil vom 17.06.2020, I R 56/17) fort - zugunsten eines Vorher-Nachher-Vergleichs bei Weiter-/Wieder-Beschäftigung von GGF nach Erreichen des Pensionsalters. Vor dem Hintergrund, dass die deutsche Wirtschaft auch im Bereich qualifizierter Geschäftsführer mit zunehmender Überalterung und Fachkräftemangel zu kämpfen hat, trägt dieses Urteil erheblich zur Entschärfung des steuerlichen ‚Dauerbrenners‘ „Rente neben Gehalt bei GGF“ bei.

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