Umbasierung VPI auf Basis 2020 - Hinweise zu § 16 Abs. 1 BetrAVG (25.01.2024)

Derzeit sind erhebliche Preissteigerungen allgegenwärtig. Die Inflation ist wieder da. Der Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) wird verwendet, um diese zu messen und unter anderem die Renten- und Pensionszahlungen entsprechend anzupassen. Schließlich hat der Arbeitgeber die Betriebsrente grundsätzlich kaufkraftstabil zu halten, soweit seine wirtschaftliche Lage dies zulässt und auch keiner der in § 16 Abs. 3, 5 oder 6 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vorgesehenen Ausnahmetatbestände vorliegt.

Der VPI wird monatlich vom Statistischen Bundesamt im Internet veröffentlicht und rund alle fünf Jahre überarbeitet. Zuletzt erfolgte eine Revision am 22.02.2023.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle drei Jahre die laufenden Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (bAV) auf ihre Anpassung an die Inflation zu prüfen. Über eine Anpassung der laufenden Betriebsrenten hat er dann nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei muss er die Bedürfnisse der Versorgungsempfänger (Anpassungsbedarf) und seine eigene wirtschaftliche Lage berücksichtigen (vgl. § 16 Abs. 1 BetrAVG). Der Anpassungsbedarf der Versorgungsempfänger richtet sich in der Regel nach dem Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) im Prüfungszeitraum. Wenn die Betriebsrentenanpassung mindestens dem Anstieg des VPIs oder (alternativ) dem Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen entspricht, gilt die Anpassungsprüfung als erfüllt (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1, 2 BetrAVG).

Der VPI ist der zentrale Indikator für die Geldwertentwicklung und -stabilität in Deutschland. Er wird zur Berechnung der Inflationsrate verwendet und dient als Orientierungsmaßstab für Gehaltsverhandlungen und vertragliche Vereinbarungen. Der VPI misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland typischerweise erwerben. Er basiert auf einem „Warenkorb“ mit rund 700 Güterarten und einem Wägungsschema. Der VPI wird als gewichteter Mittelwert aus den Preisen aller einbezogenen Güterarten gebildet und gilt für den durchschnittlichen Haushalt.

Wird der VPI als Bezugsgröße für die Anpassung von Betriebsrenten verwendet, erfolgt die Anpassung entsprechend der prozentualen Veränderung des VPIs, die auch als Teuerungsrate oder Inflationsrate bezeichnet wird. Diese Rate gibt an, wie sich die Preise für private Konsumausgaben in Deutschland im Durchschnitt innerhalb eines Monats oder Jahres verändert haben. Durch die Indexierung oder Anpassung der Betriebsrente entsprechend der Inflationsrate kann die Kaufkraft der Rente in etwa konstant gehalten werden.

Der VPI wird ungefähr alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt überarbeitet und auf ein neues Basisjahr rechnerisch umgestellt (Umbasierung). Dabei wird ein an veränderte Verbrauchergewohnheiten angepasster Warenkorb mit neuer Gewichtung für die enthaltenen Waren und Dienstleistungen verwendet. Das Wägungsschema spiegelt die Ausgabenanteile der privaten Haushalte in Deutschland wider. Die Revision des VPIs dient auch der Einführung methodischer Verbesserungen.

Das Statistische Bundesamt hat den VPI ab Januar 2023 auf das Basisjahr 2020 umgestellt. Die Indexwerte vor Januar 2020 wurden rückwirkend neu berechnet. Die aktuelle Reihe heißt "Verbraucherpreisindex 2020" (VPI 2020) und zeigt die Entwicklung der Verbraucherpreise auf das Jahr 2020 bezogen. Die VPI-Basis markiert den Zeitpunkt, für den der Wert "100" als Indexstand definiert wird, um die prozentuale Steigerung zu messen. Die Umstellung soll die Berechnung späterer Indexstände erleichtern und dient als Referenz für die Aktualisierung des gewichteten Warenkorbes.

 

 

 

Durch die aktuelle Umbasierung ergaben sich Änderungen der Teuerungsraten für die Jahre 2020 bis 2022. Zeiträume vor Januar 2020 wurden nicht neu berechnet, sondern nur auf das neue Basisjahr umgerechnet. Änderungen in den Teuerungsraten sind ausschließlich rundungsbedingt.

Das BAG hat in seinem Urteil vom 28.6.2011 (3 AZR 859/09) entschieden, dass der Versorgungsschuldner den Kaufkraftverlust für die Anpassung der Betriebsrente anhand des zum Anpassungsstichtag „aktuellsten“ VPIs zu ermitteln hat. Maßgebend sei dabei das Datum der ursprünglichen Versorgungszusage und nicht etwa eine später geschlossene Vereinbarung über die Anpassung (BAG vom 28.06.2011 – 3 AZR 859/09, Rn. 14). Statistische Grundlagen, die erst nach dem Anpassungsstichtag veröffentlicht werden, sind nicht relevant. Für Zeiträume vor dem 01.01.2003 ist nach § 30c Abs. 4 BetrAVG der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen maßgebend (BAG vom 28.06.2011 – 3 AZR 859/09, Rn. 28 f.)

Ab Januar 2023 gelten für gesetzliche Prüfungsanpassungen ausschließlich die neuen Indexwerte mit Basisjahr 2020=100. Die nächste Rentenanpassung ist daher auf Grundlage der Basis 2020=100 zu berechnen, um sicherzustellen, dass die Betriebsrenten entsprechend den aktuellen Preisentwicklungen angepasst werden.

Aufgrund der Umstellung auf die Basis 2020=100 müssen bereits durchgeführte Rentenanpassungen nicht rückwirkend überprüft oder angepasst werden. Der Prüfungszeitraum bei jedem Anpassungsstichtag umfasst den Zeitraum seit Rentenbeginn, um den vollen Anpassungsbedarf zu ermitteln (BAG vom 17.04.1996 – 3 AZR 56/95, zu II 1 a der Gründe, oder auch BAG vom 19. Juni 2012 – 3 AZR 464/11, Rn. 13). Dementsprechend werden in der Vergangenheit zu Unrecht unterbliebene oder zu gering ausgefallene Anpassungen am aktuellen Anpassungsstichtag grundsätzlich automatisch nachgeholt (nachholende Anpassung). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber seinen Betriebsrentnern seit Rentenbeginn einen vollständigen Inflationsausgleich gewährt.

Die Inflation führt zu höheren Kosten für die Anpassung der Betriebsrenten. Es gibt Möglichkeiten, diese Kosten zu begrenzen, insbesondere bei neuen Zusagen oder wenn bestehende Versorgungsregelungen für neu eintretende Mitarbeiter entsprechend geändert werden. Für bestehende Zusagen erfordern Maßnahmen dagegen eine individuelle Prüfung. Aus Unternehmenssicht liegt es daher nahe, strukturiert zu prüfen, ob und ggf. wo Potentiale zur Verringerung der Belastung durch Rentenanpassungen liegen können.

Mit unserem umfassenden Beratungsangebot unterstützen wir Sie in allen rechtlichen Fragen der betrieblichen Altersversorgung. 

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