Das BAG beschäftigte sich in dem Urteil vom 21.11.2023 mit der Frage, ob die für einen Anspruch auf Invalidenrente nach einer Ruhegeldbetriebsvereinbarung geforderte rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig ist.
Der Fall:
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf betriebliche Invaliditätsversorgung vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger war bei dem Beklagten beschäftigt. Dort galt die Betriebsvereinbarung „Versorgungsregelung für Betriebsangehörige der L-Versicherungen“ (VR 1979), die für die Zahlung einer Invalidenrente forderte, dass “..der Betriebsangehörige invalide, d.h. berufsunfähig i.S. von § 23 AVG bzw. 1246 RVO oder erwerbsunfähig i.S. von § 24 AVG bzw. § 1247 RVO ist und aus diesen Gründen aus den Diensten der L-Versicherungen ausgeschieden ist, ohne dass vorher sein Arbeitsvertrag gekündigt worden ist.“
Mit Bescheid vom 9. August 2021 wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Februar 2020 gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 31. Dezember 2029 bewilligt. Ab dem 1. September 2021 bezog der Kläger vom Beklagten Invalidenrente.
Der Kläger hat vom Beklagten die Zahlung einer Invalidenrente bereits ab dem 1. Februar 2020 verlangt mit der Begründung, der vollständige Ausschluss einer Invalidenrente vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei unangemessen benachteiligend.
Die Entscheidung:
Das BAG kommt zu der Entscheidung, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Invalidenrente vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Die in diesem Fall für einen Anspruch auf Invalidenrente erforderliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses greift nicht unverhältnismäßig in die Arbeitsplatzwahlfreiheit der Arbeitnehmer ein, da die Invalidität durch den Rentenbescheid des gesetzlichen Sozialversicherungsträgers nachgewiesen werden kann.
Die Begründung:
Grundsätzlich stehen bei Gewährung der Betriebsrente die Interessen des Arbeitgebers, Doppelleistungen zu vermeiden wie auch Planungssicherheit für den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers zu haben, dem Interesse des Arbeitnehmers, autonom darüber zu entscheiden, ob er ein Arbeitsverhältnis beibehalten oder aufgeben möchte, zumindest gleichgewichtig gegenüber.
Das BAG beleuchtet an dieser Stelle jedoch genau, an welche Bedingungen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geknüpft ist.
Wird der Arbeitnehmer gezwungen, über sein Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt verbindlich zu disponieren und dieses aufzugeben, zu dem noch gar nicht feststeht, ob die Voraussetzungen für ihre betriebliche Invalidenrente erfüllt sind, so ist diese Klausel unwirksam, da hier eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt (vgl. BAG Urt. v. 13.07.2021, 3 AZR 298/20).
Wenn hingegen, wie im vorliegenden Fall, eine gesetzlichen Erwerbsminderungsrente bereits bewilligt wurde, so kennt der Arbeitnehmer in der Regel alle relevanten Umstände, um zu entscheiden, ob und wie lange er am Arbeitsverhältnis festhalten will. Die notwendige Beendigung des Arbeitsverhältnisses benachteiligt den Arbeitnehmer daher nicht unangemessen.
Das BAG stellt in diesem Zusammenhang auch klar, dass die Entscheidung auch dann gelte, wenn die gesetzliche Erwerbsminderungsrente – wie regelmäßig – nur befristet bewilligt wurde.
Die Entscheidung reiht sich folgerichtig ein in die jüngste Rechtsprechung des BAG zu den Voraussetzungen für den Bezug einer betrieblichen Invalidenleistung (vgl. z.B. auch 3 AZR 250/22 vom 10.10.2023).
Mit unserem umfassenden Beratungsangebot in der betrieblichen Altersversorgung unterstützen wir Sie in allen arbeits- und steuerrechtlichen Fragen der betrieblichen Vorsorge.
Sprechen Sie uns an: