Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 02.12.2021, 3 AZR 328/21, über die Anrechnung der Nachversicherung bei der Berechnung unverfallbarer Anwartschaften eines ehemals beamtenmäßig versorgten Arbeitnehmers (sog. Dienstordnungsangestellter) entschieden.
Der Fall:
Der 1956 geborene ehemalig versicherungsfrei beschäftigte Dienstordnungsangestellte (Kläger) mit unverfallbarem Anspruch auf betriebliche Altersversorgung (bAV) gegen eine Anstalt des öffentlichen Rechts (Beklagte) hat nach seinem Ausscheiden zum 01.05.1999 und folgend seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zum 23.06.1999 im Rahmen der Nachversicherung für den Zeitraum der Versorgungszusage vom 01.01.1989 bis zum 30.04.1999 (Nachversicherungszeitraum, vgl. § 8 Abs. 2 SGB VI) eine Versorgungsanwartschaft in der Bayerischen Rechtsanwaltsversorgung der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) erworben.
Der Kläger argumentierte auf Grundlage der Veränderungssperre und des Festschreibeeffekts des § 2a Abs. 1 BetrAVG und beantragte seinen Anspruch auf bAV gemäß den Regelungen des eine beamtengleiche Versorgungszusage enthalten, den Dienstvertrag zum 01.01.1989 ablösenden, Dienstvertrags zum 01.07.1995 (im Folgenden DV 1995) zu berechnen und die Ansprüche aus der BVK-Versorgung nicht zu be-rücksichtigen, sondern lediglich eine fiktive Rente aus der GRV. Damit wäre der Kläger so gestellt, wie ein Dienstordnungsangestellter oder Beamter, dessen Nachversicherung nicht über ein sonstiges Versorgungswerk erfolgte (vgl. § 8 SGB VI). Die Beklagte berücksichtigte die Ansprüche des Klägers aus der Bayerischen Rechtsanwaltsversorgung (im Folgenden BVK-Versorgung).
Im DV 1995 ist unter anderem bestimmt, dass anderweitige Bezüge – bspw. Renten aus der GRV sowie Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung – entsprechend § 55 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) auf die Versorgungsbezüge des Klägers anzurechnen sind (§ 7 Abs. 6 DV 1995) und bei Vertragsbeendigung die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) zur Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften gelten (§ 10 Abs. 3 DV 1995).
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seinen Feststellungsantrag in Bezug auf die Berechnung seines Ruhegeldes weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Die Entscheidung:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München wurde vom Dritten Senat des BAG als nicht begründet abgewiesen. Der Kläger hat zwar Anspruch auf Leistungen aus der bAV, er kann jedoch nicht verlangen, dass sein Ruhegeld unter Anrechnung einer fiktiven Rente aus der GRV anstelle der Anrechnung entsprechender Versorgungsansprüche aus der BVK-Versorgung berechnet wird. Die Versorgungsansprüche aus der BVK-Versorgung sind bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft nach § 2a BetrAVG anzurechnen.
Die Begründung:
§ 55 BeamtVG regelt die Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen auf den Versorgungsbezug im Versorgungsfall. Da der Kläger kein Beamter ist, findet § 55 BeamtVG nicht direkt Anwendung, sondern wird gemäß § 7 Abs. 6 DV 1995 in die vertraglich vereinbarte Versorgungszusage einbezogen, die dem BetrAVG unterliegt. Diese Regelung soll Doppelversorgung vermeiden und die Versorgungsbezüge auf die Höchstgrenze nach § 55 Abs. 2 BeamtVG begrenzen. Eine fiktive Hochrechnung auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren nach § 9 DV 1995 ist vorzunehmen, um eine tatsächlich bestehende Doppelversorgung abzuschöpfen. Ohne Berücksichtigung der berufsständischen Versorgung wäre der Kläger aufgrund seines vorzeitigen Ausscheidens besser gestellt, was den Sinn der gesetzlichen Regelungen zur Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden widerspricht.
Gemäß § 2a Abs. 1 BetrAVG wird die unverfallbare Anwartschaft eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers anhand der Regelungen und Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Ausscheidens berechnet. Veränderungen danach bleiben unberücksichtigt, um frühzeitig Rechtsklarheit und Planbarkeit, bspw. bei der geplanten Abfindung oder Übertragung, zu gewährleisten. Anwartschaften, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits bestehen und hochgerechnet werden können, sind von diesem Veränderungsverbot ausgenommen bzw. unterliegen selbst den Regelungen zur Veränderungssperre und zum Festschreibeeffekt nach § 2a Abs. 1 BetrAVG. Die im Wege der Nachversicherung nach dem SGB VI erlangten Versorgungsanwartschaften für den Zeitraum bis zum vorzeitigen Ausscheiden sind entsprechend bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft zu berücksichtigen. Die Anrechnung verschiebt die Leistungspflicht vom Arbeitgeber auf einen anderen Versorgungsträger. Die fiktive Hochrechnung auf die feste Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres ist erforderlich, um eine Gesamtversorgung angemessen zu berechnen.
Der Kläger hatte während des Nachversicherungszeitraums keinen Versicherungsschutz in der GRV. Sein Nachversicherungsfall trat am 01.05.1999 ein, als er aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausschied. Die Beklagte zahlte die Nachversicherungsbeiträge an die BVK, nicht an den Träger der GRV.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das BAG in seinem Urteil entschieden hat, dass die fiktive Rente aus der GRV nicht zur Berechnung des Ruhegeldes herangezogen wird, wenn die Nachversicherung tatsächlich in einer berufsständischen Versorgung erfolgt. Stattdessen sind hier die tatsächlich erlangten Versorgungsanwartschaften aus der Bayerischen Rechtsanwaltsversorgung maßgeblich.
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